Nachwuchs

VON MARTIN OEHLEN, 28.08.02, 18:25h, aktualisiert 20:35h

Köln hat eine Populär-Musik-Szene, die immer wieder Zeichen ihrer Vitalität zum Besten gibt. Und weil diese Szene nicht nur aus lauter Solisten besteht, die Bands hier einmal inklusive gerechnet, sondern auch zur Gemeinsamkeit in der Lage ist, gibt es jetzt wieder eine Koproduktion: „Heimatklänge - Zehn Jahre »Arsch huh«“, ein Plattenprodukt zum Jahrestag, angefüllt mit einigen Kuriosa. Wir wissen: Das Konzert gegen Ausländerfeindlichkeit, das den Chlodwigplatz am 9. November 1992 in einen Taumel versetzte, zählt schon zu den „legendären“ Vorkommnissen der Lokalgeschichte und gilt als Ereignis gewordener Beleg für die allzu gern beschworene Kölner Liberalität.

Zur Feier jenes Tages findet am kommenden Montag ein Konzert in der Kölner Philharmonie statt, mit vielen, die damals dabei gewesen sind, mit BAP und Brings, Engel und Köster, Höhner und Zeltinger und anderen mehr. Lauter Vertraute. Jedoch: Neuzugänge sind kaum darunter.

Dazu passt die Bemerkung von Hermann Rheindorf (alias Cool Muul) im Booklet zur Platte: „Im Unterschied zu früheren Jahren ist dezidiert politisches kölsches Liedgut selten geworden.“ Begründet wird diese Zurückhaltung mit der „Einsicht, dass gravierende Ungerechtigkeiten zwar überall anzutreffen sind, aber niemand mehr daran glaubt, dass es irgendeine Institution geben wird, die Gerechtigkeit durchsetzt.“

Ja, mit dem Glauben schwindet auch die Kraft. Also - jetzt nichts wie runter mit dem Kopf in den tiefsten Rheinufersand? Dort, wo man nichts mehr sieht und vielleicht sogar meint, selbst nicht mehr gesehen zu werden? Falsche Perspektive, bestimmt. Denn da blickt man nur in die Nacht der Demokratie, weil Demokratie ohne Mitsprache nicht überleben kann.

Also pfeift Cool Mull im Wald und setzt darauf, dass aus der Resignation neue Energie zu gewinnen sei. Ob der chemische Prozess tatsächlich so abläuft, darf bezweifelt werden. Doch richtig ist, dass Verstärkung erwünscht ist. Es wäre ja noch schöner, wenn das Beispiel der „üblichen Verdächtigen“ nicht Schule machte. Vielmehr: Wäre ja noch schlimmer.