Haydns kleine Nachtmusik
Die Ouverture zum nächtlichen Umtreiben im Foyer des Stadttheaters Fürth
28.10.2006


von
Christel Amberg-Wiegand
 

Endlich! Endlich hat sich mal einer – nein, drei, und noch dazu diese drei! – Gedanken gemacht, wie man senile Bettflüchtige belohnen kann bzw. Nachteulen, Nachschwärmern ihr Treiben noch schmackhafter. Diese drei gestandenen Mannsbilder, musikalische Feingeister allemal, sind wie geschaffen für eine dunkelblauseidene Nacht. Aus seinen bisherigen Programmen kredenzen Tom Haydn und sein kammermusikalisches Orchester eine köstliche Melange, rollen den Teppich aus, bereiten die Bühne für das nächtliche Treiben… und haben einen Haydn-Spaß dabei!

Dieses spitzmäulige, zungenschnalzige, abwechslungsreiche frech, mal heitere, immer tiefsinnige Programm ist umlegt und gebettet in Andreas Blümls einfühlsamer, höchst virtuoser Viel-saitigkeit. Dazu messerscharf gespickt von feinsten Tönen des zweiten K+K-Oberkellners Norbert Nagel an diversen Gebläsen. Sie setzen garantiert noch einen drauf, wenn es darum geht, die Gefühlsklaviatur zu bedienen. Sie brillieren, tanzen mal jubilierend, mal lausbübisch frech oder als aufmerksamer galanter Begleiter durch das Programm.

Toms sahnig-süßen, bisweilen kräuterbitteren Geschichten sorgen für geschmackliche Vielfalt und ebensolches Minenspiel in den Gesichtern der Gäste. Im mooshammerstylischen Outfit, mit nachtschwärmerlike wetgelgestriegeltem Haar ist er glaubhaft Voyeur, hat sowieso Affären, zeigt Zähne und einen egoistischen Anflug von Pietät. Da wird beim bösen Tauben vergiften im Park frühlingsbeschwingt gewalzert und das weanerische Puderzuckerblasen „ a bisserl was von dem und a bisserl davon“ herrlich schräg auf der Geige vergeigt.

Ewald Arenz ist Gast dieses Abends. Seines Zeichens Autor verschiedener Bücher und Revuen. Und – wegen der Ferien - auch Lehrer. Und Tänzer. Hellers Jean Harlow, flott gesteppt und geklackt, ist ein schmissiger Auftakt für ihr launiges Plauderstündchen aus dem Nähkästchen.

Und dann schlagen sie dem senilen Bettflüchtigen noch einmal ein Schnippchen, verjagen den Alptraum der ewigen Wiederholungen, denn etwas Neues musste her. Ein wahres Kleinod dieses Abends ist „Es herbstelt“. Für einen Moment anhalten, ein kleiner besinnlicher Augenblick des Nachdenkens, des Zweifelns, ein Blick zurück nach vorn. Ich lerne eine neue Seite des Tom Haydn kennen. Lebensklug und voller Herzenswärme, ein wenig melancholisch auch. Greifbare Stille steht im Raum. Absolut gekonnt und glaubwürdig Toms Adaption des Knef Klassikers „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ setzt den Schlusspunkt dieses herrlich appetitanregenden Programms. Die Herren verkürzen die übliche Zugabenprozedur. Das Nagelsche Schlachtfest mit der Ballade der Metzgerin bläst uns hinaus in das Fürther Nachtleben.