GANZ ER SELBST SEIN IN DEN LIEBESLIEDERN
„Haydn singt Heller“ im Stadttheater Fürth, 30.4.2005 

Ein Review von Alexander Kinsky

Voller Stolz präsentiert Tom Haydn die gleichnamige CD, wie er betont „ein Jahr, einen Monat und elf Tage“ nach der Konzertpremiere das ambitionierten Programms. Erstmals hatte damals ein exquisites Ensemble gemeinsam mit dem gebürtigen Niederösterreicher einen kompletten Abend mit Liedern von André Heller auf die Beine gestellt. Heller selbst beschränkte sich in den letzten Jahren musikalisch auf eine gewichtige Box und Einzelprojekte (meist Benefiz). Bei Tom Haydn liegt sein auch musikaktiv spannend zu reproduzierendes Repertoire wirklich in guten Händen.

Tom kann wirklich stolz sein. Respektvoller und doch in seiner Art eigenständig kann man mit Hellers Werk zwischen den „wahren Abenteuern im Kopf“, den „Zigeunern“ und „Liliputanern“, den phantastischen Träumen und Liebesliedern nicht umgehen. Hellers geniale poetische Lieder verdienen es allemal, wieder belebt, weiter getragen zu werden, auf der Bühne wie auch auf CD. Tom Haydn singt jetzt den Anfang des ersten Liedes („Die wahren Abenteuer sind im Kopf“) zu mystischer Begleitung aus dem Off, er kommt erst mit dem rhythmischen Einsatz  der exzellenten Begleitgruppe auf die Bühne. Damit wird auch ein Entertainment-Moment verstärkt, als „wienerischer“ Entertainer mit Charme moderiert Haydn einige Lieder kongenial ein, er würzt die gewünschte Atmosphäre vor so manchem Lied mit zum Teil abgründigen Anekdoten, die von in Kindheit gelernter wienerischer Menschenverachtung zeugen, gespeist aus nur oberflächlich sympathischem Zusammenhalt der Kinder. Grandios poetisch das ineinander übergehende Liebesliederpaar „Liliputaner“ und „Du du du“.

Nur das Publikum reagiert an diesem 30.4.2005 etwas verschlafen. Es taut erst mit der Ouvertüre im zweiten Teil etwas auf, einer brillanten Collage aus Wiener Versatzstücken zwischen „Donauwalzer“ und „Der dritte Mann“. Süßes und zynisches, poetisch verklärtes und abgründiges Wienerisch: Wenn man nicht total an Hellers allerdings unvergleichlichen Originalen klebt, kann man sich getrost verzaubern lassen. Ganz zu Hause ist Tom Haydn auch im zweiten Teil bei den romantischen, auch schlagerhafteren Liebesliedern. Mit Gitarre begleitet er „Wenn die Liebe lebt“. Dieses Lied wird total zu einem Tom Haydn Lied. Da vergisst man den Konzerttitel „Haydn singt Heller“. Da ist Tom Haydn ganz Tom Haydn. Das ist ein erlebtes, gelebtes Lied. Und dann „Wia mein Herzschlag“ – eine Offenbarung! Die Liebeslieder entfalten eine Intensität sondergleichen. Einmal mehr streicht man gerne die Namen der Mitwirkenden heraus: Jessica Hartlieb (Violine), Richard Kleinmaier (Gitarren), Thomas Simmerl (Perkussion und Schlagzeug) und das genial aufeinander hörende, wie blind und doch alles sehend eingespielte Duo („Sie halten mir nun schon über viele Jahre hinweg die Räuberleiter!“, so Tom Haydn) Norbert Nagel (Saxophon, Klarinette, Flöte) und Jo Barnikel (Klavier und Keyboard). An Zugaben gibt es „Gut ist´s ein Narr zu sein“ und „Für immer jung“. Da ist auch das Publikum – bei diesem Klassiker, den man von Ambros und Heller her kennt, selbstverständlich ins aktive Geschehen einbezogen – längst aufgewacht.