Moselwein und Feuerwerksschein - Höösch Bloot

Die Moselwinzer haben dem ausgelassenen Treiben ein buntes Feuerwerk vorangestellt. Es wird einer der ganz wenigen Sommerabende werden, die diesen Namen verdienen. Ein oder zwei oder drei… Glas der leckeren Stein-Weine auf der Gesamtblick-kolossal-Terrasse… das Leben ist schön! Schon blööökt einer „Zuugaabe“ in die schon gut angewärmte Stube, kaum dass die Jungs durchs Publikumsspalier auf der Bühne angekommen sind. „Schad, dass de gestern net da wors, gestern ware mer besser“ kommt prompt zurück. Gut…, dass wäre geklärt, der erwartungsvolle Willkommensapplaus ebbt ab, Maat höösch! Feinster reinster Gitarrenstart und hinten raus fett gerockt, Punktlandung!

Für die weiteren Zugaben dieses im Nachhinein immer noch außergewöhnlichen Abends haben die fünf Brüder im Geiste ein paar Ewigkeitsgoodies aus der großen Schatzkiste geborgen. Allesamt Perlen einer Frühära, dem Jungmillenium und der beinahe Jetztzeit. Auswahlkriterium: worauf haben wir Bock, was macht Spaß, was geht gut. Und natürlich, sehnsüchtig erwartet, danke, du gütige Muse - überraschend viel funkelniegelnagelneues Material, das um die Gunst der Anwesenden buhlt. Also, ich stell mir das so vor: kommt der eine zum anderen und sagt: die Themen liegen auf der Straße, ich musste sie nur finden, jetzt mach mal was draus. Sagt der andere dem einen: ich mach das mit richtig gutem druckvollen gitarrenlastigen, von Bass- und Schlagzeug gestemmten Rock. Die Jungs bringen das! Rockabilly, Bluesbrothers und Schallalla – geht alles und jetzt sing mal! Du nur Frontmann, nur Sänger, nur Texter, musst das Ganze nur noch dramaturgisch zusammenhalten. Schaffst du, wie immer souverän, schlagfertig, liebevoll scharfzüngig, ein bisschen böse. Und wenn du mir ein paar schöne Bälle zuwirfst, werf ich sie dir auch zurück. So könnte es gewesen sein. Folglich gibt es Augen- und Ohrenfutter zuhauf. Der Sound ist zwar irgendwie unrund, aber er tut nicht weh. Leider gehen die neuen Texte darin ein bisschen flöten. Das aber mindert den Stimmungspegel und den Wahrheitsgehalt dieses Abends nicht im Geringsten.

Jächt hat in den Hingerhoff gespinst, erkennt die Fettpott-Typen und widmet ein kleines Liedchen den vermeintlichen Gerechtigkeitsfanatikern, die das Recht zu wissen mit dem Fernglas einklagen. Prangert gegen Arschgeigenüberbevölkerung, verteilt Agenturschelte, besingt Pechnasen. Süper-Zimmermäns Fleech wurde erfolgreich wiederbeatmet. Jächts und Franks Kabinettstückchen unter Leidensdruck von nem Wörterzunami und Frikadellenbeschuss. Ein paar lästige Fliegen der Gattung Schwaadlappen und -lappinnen sind auch hier anwesend und leider völlig beratungsresistent. Mitteilungsdrang hin, Begeisterung her, aber so jung simmer ja alle nicht, dass ihr vielleicht nicht auch gelernt haben könntet, das Maul zu halten, wenn andere dran sind. Das hat was mit Anstand und Respekt zu tun. Ich habe grundsätzlich gern Geld bezahlt für den Kunstgenuss, aber nicht für permanente Dummbabbelberieselung. Die geht zum Glück unter, wenn wir Dunn dat zelebrieren, ja, Selbstverpflichtigung und wie! Weniger geht nicht! Jupp – auch so ein ewig junges, nimmer müdes Gesellschaftsmitglied – lautstark und brettdick besungen. Hin und wieder fliegt ein Fragezeichen?, eine gelupfte Augenbraue oder ein strahlendes Lachen quer über den Bühnenbereich. Minimale Momente maximalen Musikerglückes.

Heh am Rhing gefällt mir noch besser in dieser aufgemotzt rockigen Version. Natürlich! Ausdruckstanz! Natürlich! Alles im Griff! Das ist Druckluftbetankung!

Laut, leidenschaftlich, glutäugig, 1000 Johr zerrt am meinem Herzbändel. Absaufen als der einzig mögliche Ausweg. Tränen in den Augen, Kloß im Hals, dejà-vu. Tja, Jächt kündigt den letzten Song an. Nicht verhandelbar. Jeile Welt. Lässt den allfälligen Ab- und Aufgang weg. Guckt ihnen int Jeseech, diese gut zweieinhalbstündige Feuchtraumbehandlung hat Spuren hinterlassen, da geht auch die beste Kondition dahin. Hinaus unters Sauerstoffzelt ins Bad im Jungbrunnen der Nacht. Unterm Sternenhimmel auf der Gesamtblick-kolossal-Terrasse.

Christel Amberg-Wiegand für www.erlebtemusik.de

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