Die Therapie des Doc Köster

Wie? Krankenhaus? Gibt’s K-H-K jetzt auf Krankenschein? Das wäre ja mal ne unwidersprochen gute Entscheidung – ich halte schon mal mein Kärtchen bereit von wegen der Praxisgebühr…. Wie? Hörsaal? Darf ich nit gucken? DAS wiederum würde das Vergnügen dieser Behandlung doch erheblich mindern… Nee, ach so, hier hält normalerweise Doc-Schlaumeier Vorträge, demnächst über Endoskopie, steht auf’m Plakat an der Wand… wer’s mag… Na ja, so falsch simmer hier ja dann nicht… K-H-K sind auch irgendwie endoskopisch. Innere Betrachtung gewissermaßen zur äußerlichen Anwendung.

Ich hab die Drei lange nicht konsultiert. Stattdessen habe ich andere musikalische Liebschaften gepflegt und neue entdeckt. Aber jetzt wo ich hier sitze und mich genussvoll den optischen und akustischen Genüssen hingebe, merke ich, wie gut das doch tut, wenn mal wieder Kölsch ins Ohr träufelt. Das geht runter wie Öl. Wie Jächt wortgewandt und schlagfertig den geneigten Zuhörer wissen lässt, was er dem Leben an sich und dem Menschen insbesondere abgewinnt oder auch nicht, geht nur op Kölsch. Meistens jedenfalls. Jedrisse, Baby, hätte womöglich die Indexqualitäten schon im Titel. Die Texte, auch die dazwischen, treffen hundertpro dahin wo Herzblut und gesunder Menschenverstand sind …. ach, was sag ich, wie Jächt gepflegt mit Sprache umgeht, verschlägt mir dieselbe. Tief-hintergründig, gespickt mit unumstößlichen Weisheiten, (wenn et arbeide leich wör, echt dann dääte mer’t selver), endlich sagt es mal einer! Trocken. Knapp. Sitzt. Auf’n Punkt.

Liegt’s in den Genen? Vielleicht Kölner Genen im speziellen sogar? Frank hat eben diese und Helmut ist seit x-Jahren sozusagen genmanipuliert. Das wirkt. Die beiden verklickern alles in Töne. Und auch die sind staubtrocken. Ihr Pas de Deux auf diversen Gitarren mal rhythmisch beklopft und gebottleneckt oder spitzfingerich gezupft ist hochfeine reinste Droge von Variationen von acht Noten. Vielleicht sind sie auch verhext – so sieht es jedenfalls manchmal aus.

Da warten so existentielle Fragen wie „Jibet Lääve nom Fröstück“ auf eine Antwort. Ich höre Milljöstudien „aus der Welt der Hormone an die Welt der Tätowierer“, Sentimentalitätchen, gitarrenumwölkte Liebeslieder, bewundere das Eingeständnis von Zivilisationsresistenz und lobe still die standhafte Verweigerungshaltung gegen Heimatlieder. Mit dem Selbsterfahrungstrip durch die kölschen Abgründe der Gesundheitsreform zeige ich mich glatt solidarisch, während der von den 4 Botze gecoverte Ausflug ins Bergische Sprachland beinahe einen Lachkrampf auslöst, weil diese Sprachlandschaft irgendwie merkwürdige Gurgellaute hervorbringt. Das und mehr kommt demnächst in den Medikamentenschrank gegen den Winterblues. Darreichungsform CD. Auskunftsgemäß „wird das unsere bisher beste Platte. Oh jo!“ Ist hiermit also quasi zur Dauermedikamentation zugelassen.

Als therapeutisch wirksame Zusatzstoffe wurden Et Fischleed und die Windije Latään, Durch die Wand und der bekannte Moselcountry beigemischt. Grundstoffe ohne Verfallsdatum sind u.a. der Jupp, Buuresäu (dä! doch ein Heimatlied), Ringo, der am Drop hängk, sehr süffig. Und ennnndddlich!!!! Zum Niederknien, mein täglich Aspirin, Maach op. Das kommt dermaßen intensiv und mit einer Präsenz, mit geballter Kraft an Gefühl und einer Stärke, es ist jedes Mal wie ein Schlag in die Magengrube und nur mit meinem tiefen erlösenden Seufzen auszuhalten. Und dann noch das von der fetten Bühnenversion umgeswitchte Alles im Griff, schweinegeil, und wie!!!. Sensationell! Jederzeit bereit für eine Überdosis. Betteln. Mehr! Mehr! Mehr! Tom Waits Barackengospel Komm Erus wird eine rhythmische Huldigung der glaubensgemischten Klatschökumene.

Diese Konsultation war übrigens eine Veranstaltung des Aktionskreises Dritte Welt Holweide, der damit speziell das Schulprojekt Khulna in Bangladesh unterstützt. Wir hörten also karitativ. Sehr gern geschehen.

Christel Amberg-Wiegand für www.erlebtemusik.de

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