.....wenn sie schon ein Ticket für die Silberhochhzeit haben, eine kleine Formalie erfüllen und bereit sind, 15 EUR zu berappen. Dies traf auf mich und knapp 200 andere jubelpaarzufeiernbereite zu, die außerdem bereit waren, eine ordentliche Lautstärke in saunafeuchtwarmen Räumlichkeiten über einen längen Zeitraum auszuhalten.

Beste Bedingungen also, diese viel zu seltene familiäre Zusammenkunft zu feiern! Ich bin nur allzu bereit, den zelebrierten Rockenroll aufzunehmen, fett und satt in meine verdurstete Seele, ich brauche es sooooooo sehr! Mit ordentlichem Paukenschlag gings los, Kamell, Kopp in dr Sand und das Liebeslied aus den Zeiten, als in der Südstadt noch Milch und Honig floss – aus Fässern!!! Zurück zur jüngsten Vergangenheit hat der Jupp om flasche Bein unger der Latään einen f*ck Chardonnay geschlürft und zum Zeitsprung angesetzt in die Zeiten von Schroeder Roadshow. Auf der musikalischen Zeitscala beschreiben sie irgendwie eine Achterbahn, doch den Herrschaften auf der Bühne hat die Zeit scheinbar nichts anhaben können. Im Gegenteil! Höllisch heiße Nummern auf dieser Polterhochzeit! Unvergleichlich knackig frisch mit riesigem Spaß an der Sache.

Jächts und Franks Familie über lange Jahre sind Hans mit der Vorliebe für schräge Hüte und bunte Hemden, Helmut, der unglaubliche Ostfriese, Charlie, der für den ein oder anderen Set schon mal ne Brille braucht, der alterslose Jürgen und natürlich Bernd am Gebläse. Er hat eine große Saxophonsammlung mitgebracht. Seine Künste sind das Sahnehäubchen auf die Songs. Gänsehautalarm!

Zur Feier des Tages bleibt uns nichts erspart – höchstens vorenthalten!!! Gut gemischt die ruhmreiche Piano-Zeit, die Schauspielhaus-Ära beschert uns endlich wieder die Gunst von Hedwigs "Midnight Radio", ne riesige Nummer, die Krätzje fehlen nicht und die Solo-Zeit natürlich auch nicht. Alles im Griff! Mehrmals zwischendurch beschleicht mich kurz die Sorge um den Club, ob er das denn alles aushält! Es scheint, als würden jeden Moment die Wände auseinanderbersten! Ohrenbetäubendes Pfeifen und Klatschen bis die Hände weh tun. Es ist einfach unglaublich. Augen zu und abheben in das Traumland der Rockmusik..... Jächt singt, spielt, leidet und durchlebt den Blues, er singt ihn leise und eindringlich mit dem untrüglichen Gespür für dieses gewisse Etwas. Helmut bezirzt uns mit überirdischen Gitarrensoli, die immer wieder Szenenapplaus herausfordern, Frank läßt endlich wieder mal seine Bluesstimme auf uns nieder und Jürgen fegt wie der Hexenmeister persönlich über die Tasten, mit seiner blonden Mähne gibt er perfekt den Headbanger! Charlie und Hans hauen rein, dass der Magen vibriert. Musik zum Fühlen! Atemlos! Adrenalin im Tetra-Pak, intravenös gegeben! "Nach dem Happy End" - schier unerträglich – kaum zu beschreiben, aus vollen Kehlen mitgesungen, ist eine der schönsten Nummern dieses dreistündigen Programms. Und "Zevill Jepäck". Und "Nix dafür". Und auch "Schön dich zu sinn".... Bei der ersten Zugabe stehe ich da mit nem Kloß im Hals und Pudding in den Knien. "1000 Johr" hab ich noch nie so überlebt! Dann – als wirklich letztes Stück und wie um die Pein noch schöner zu machen - "Maach op" – zum Stein erweichen zelebriert, ausgedehnt, Jächt scheint völlig ausgezogen, durchlebt, durchleidet seinen Song vielleicht mehr noch als die anderen. Der hat mich schon beim ersten mal Hören völlig aus den Strümpfen gehauen, damals in einer heftig abgerockten Version. Fand ich das einzig Wahre dafür! Heute wird sie janz höösch serviert, mit einem gänsehauterzeugenden Sax, dann wieder mit mäßiger Power. Unglaubliche Intensität! Jächt scheint das Innerste nach außen zu kehren, ich entferne mich irgendwie, fliege einfach nur weg...... WAS für eine Nummer! So und niemals anders, bitte, möchte ich sie hören! Danke, Jungs, für diese einzigartige Belehrung, so ist's wirklich das einzig Wahre! Dann ist Schluss. Aus. Vorbei. Chillouten, downcoolen..... Die Vorfreude auf die Live-CD und die Silberhochzeit hält mich aufrecht!

Christel Amberg-Wiegand für www.taunushills.de