Francophonic Festival, Stadtgarten, Köln 18.09.2004

Ähnlich wie in Frankfurt erlebten wir eine Aufzeichnung für das Radio. Im Rahmen des dies­jährigen Francophonic Festivals hat der WDR eine Matinee in seiner Reihe für das "Funkhaus Europa" am 26.09. aufgezeichnet. Daher wurden wir entsprechend radiotauglich von Anna Bianca Krause, der Moderatorin, begrüßt, ehe Kim Altmeyer auf die Bühne kam! Wie schön, dass sie wieder dabei ist! Leider blieb innerhalb des Radioformats nur wenig Platz für eigene Textbeiträge, "Unser Weg" ist der einzige kleine Text, den wir hören. "Wir singen in dieser Sprache, die uns gelehrt hat, alle Sprachen zu lieben und vor allem den Gesang, die Sprache, die Worte freier Menschen.... " Es bleibt leider ganz still im Saal, als Kim die Bühne verlässt. Traut sich wirklich niemand zu applaudieren? Warum nur? Die Sänger kommen nacheinander auf die Bühne und werden zum Glück mit großem Applaus begrüßt, als sie sich wie immer im Halbkreis um das Mikrofon gruppieren. JF stimmt "Salve sancte parens" an und sofort habe ich das angenehme Gefühl, alle Anspannung des Tages fällt von mir ab. Eigenartig, was für eine Wirkung diese Musik immer wieder hat. Wie in ein warmes Mäntelchen gehüllt. Marc, der jüngste, singt die führende Stimme dann bei Kyrie und die anderen setzen die musikalischen Verziehrungen dazu. Wie schööön!!! Marc hat eine junge kraftvolle Stimme und unterstreicht damit eindrucksvoll, was JF im Interview gesagt hat, nämlich wie lebendig und wichtig das Singen eben auch für die jungen Leute auf Korsika ist. Das ist so selbstverständlich wie at­men, essen und trinken, schlafen gehen und aufwachen. Gesang ist alltäglich, ebenso die Themen in den Liedern. Die Polyphonien heute Abend sind traditionelle Lieder, religiös auch, aber es gibt wie überall auf der Welt Liebeslieder, Lieder von der Arbeit, vom Feiern, Lachen und Tanzen, von Abschied und Trauer.... und durchaus auch den "korsischen Blues". "A strada", den Weg der Freundschaft und der Liebe, singt JF, wunderbar begleitet im besten Sinne von George Kochbeck am Piano heute! WAS für ein Pianomann, wahrlich kein Unbekannter! Er übernimmt Achim Meier's Part, der wegen Terminüberschneidungen nicht spielen kann. George unterlegt dezent die Interviews, überlässt JF mit dem Gesang und der Gitarre das Feld und nimmt sich selbst als Begleitung sehr zurück, ist trotzdem sehr prä­sent. Es funktioniert gut zwischen den beiden, die gegenseitigen Blicke zeigen es, große Übereinstimmung, Profis eben..... "Un sognu pè campà" – "mein" Lied, immer wieder so unglaublich überirdisch schön... Klavier, Cello .... Ja, auch Jean-Francois Ott ist wieder dabei. So bekommen die Lieder wieder einen feinen leichten Hauch von Cello – es passt sooooo gut dazu. Radiogemäß gibt es immer wieder kleinere Un­terbrechungen für Gespräche, was der wirklich guten Stimmung zum Glück überhaupt nicht abträglich ist. Im Gegenteil, es gibt durchaus einige Momente Heiterkeit.... Das Publikum ist wirklich gut heute, Alain wird auf der Bühne mit einem riesigen begeisterten Applaus begrüßt und freut sich natürlich darüber, lacht und strahlt schnappt sich den kleinen Hocker und singt......

"Un sò micca venuti" ist eines dieser wirklich traurigen erschütternden Lieder, welches zum Schluss doch einen Funken Hoffnung lässt. Dafür bekommen George am Piano und Jean-Francois Ott am Cello von mir fünf Sterne, wie sie diese Stimmung so übernehmen in ihr Spiel – Gänsehaut - auch bei "Di", obwohl es das traurige Ende einer Liebe besingt. Aber die traurigen Liebeslieder sind eh die schönsten..... erst recht mit der Begleitung von Klavier und Cello....

Im Interview betont JF nochmal wie wichtig die Sprache für jedes Volk sei, als er nach der Sprache der Korsen und der Musikalität der Sprache gefragt wird. Wir müssten alle unsere Sprache verteidigen, weil es wirklich mit das Wichtigste sei, was uns überhaupt gehöre. Sie sei eben für ihn das erste Instrument, er könne mit ihr alles geben was er habe, seine Seele, sie sei sein eigenes Instrument....

Die Sänger kommen nochmal auf die Bühne und tauchen den Saal in warmen kraftvollen Gesang. "Lode di u sepolcru" und das "Agnus Dei" mit einer raumfüllenden Begleitung an den Keyboards. Das geht richtig unter die Haut! Und in den Gesichtern der Sänger steht neben der Konzentration auch so etwas wie eine stille Freude. Nochmal Gänsehaut! Während die letz­ten Akkorde noch in der Luft schweben, braust schon der Applaus auf, einfach toll! Überhaupt finde ich es sehr angenehm, dass es überwiegend still im Publikum ist, wenn I Muvrini singen. Diese Aufmerksamkeit hat wohl etwas mit der Musik zu tun, aber sicher auch Respekt gegenüber den Musikern.

Die Schlussmoderation von Anna Bianca Krause verstehen wir kaum, sie geht im Applaus einfach unter. Sie muss aber wohl sein für eine "Livesendung". Eine kleine Unterbrechung nur bevor JF die ersten Töne zu "Da le vostre mane" erklingen lässt. Ein Loblied auf die fleißigen Hände aller, die unter großen Entbehrungen geholfen haben, das Land zu formen. "... mit euren Händen....". Wir singen es alle mit, irgendwie, klatschen..... die feierliche getragene Stimmung hat sich jetzt aufgelöst und ist locker fröhlich und unbeschwert....lange anhaltender Applaus "aus unseren Händen". Tolle Stimmung! Die Zugabe "Ci teneremu caru" – wieder so etwas tief trauriges - sagt es aber sehr genau, "Wir sind einander zugetan" so ist es ganz bestimmt, das Gefühl im Saal. Heute Abend wie schon an vielen anderen Abenden vorher ist die Botschaft angekommen. Das spüren auch die Sän­ger! Sie kommen wirklich noch einmal alle auf die Bühne! Es ist mucksmäuschenstill, als Jean-Francois mit einem langen schönen Intro überleitet zu "Diu vi salvi Regina", der Hymne, sie klingt feierlich und irgendwie auch ein bisschen stolz!

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