Clubfeeling mit der Lizenz zum abrocken.......

Ich bin sehr gespannt wie es werden wird mein erstes Streifling-Konzert. Brigitte hat, seit sie am Montag die Idee hatte nach Mannheim zu fahren, hart an mir gearbeitet, dass ich mitkomme, weil es eben zu zweit doppelt so viel Spaß macht. Normalerweise muss man mich nicht großartig überreden, aber ich war nicht so ganz fit diese Woche und wollte das Wochenende eigentlich geruhsam verbringen. Nun ja, einer Spontanheilung gleich ging es mir Freitag viel viel besser und so sind wir viertel nach fünf Richtung Mannheim gedüst. Ja, ja, das war sehr früh, wir hatten mit Ferienverkehr gerechnet, addiert zu dem normalen Feierabendverkehr ließ uns das großzügig in der Zeit planen.

 Das hat sich eine gute dreiviertelstunde später als sehr richtig erwiesen, denn kurz nach unserer Punktladung mit Parkplatz direkt vor der Lokation Lindbergh kam auch der kleine Konvoi bestehend aus einem Transporter und "standesgemäß" einem Nobelfahrzeug der S-Klasse mit Chaffeur ;.) gerade auf den Parkplatz gefahren.  Ich hatte ein bekanntes Gesicht im Fond gesehen, war aber einen Moment nicht parat und erkannte deshalb Werner Kopal nicht sofort. Mußte erst eins und eins zusammenzählen und das zweite bekannte Gesicht - Jens - sehen, bis der Groschen gefallen war. Jens begrüßte Brigitte herzlich, die beiden hatten schon in Bonn Bekannschaft gemacht.

 Wir gehen erstmal auf das Parkdeck gegenüber um den Flughafen zu bestaunen. *lach* Wir hätten auch mit einer Cessna  anreisen können, von Egelsbach sicher kein Problem, eine Viertelstunde, länger würde es sicher nicht dauern. Das Lindbergh ist eine sehr schöne gepflege Lokation natürlich mit Fliegercharme und -charakter, wie sich das für ein Lokal am Flughafen nun mal gehört. Die Bühne ist eigentlich keine Bühne, sondern ein mit halbhohen schmiedeeisenern Raumteilern abgeteilter Bereich des Restauraunts, wo das Equipment schon aufgebaut ist. Wirklich klein, so klein, dass Jens, Ole und Werner gerade mal so eben Platz haben, Danny hat seine Tasten nebendran, Thomas der Drummer ist förmlich von seinem Arbeitsgerät umschlossen.

 Der Soundcheck beginnt. Das Übliche, Sprechübungen am Mikro, zählen bis vier und zurück. Austarieren der Lautstärke, rücken und schieben der Gerätschaften auf der Bühne, bis alles am rechten Platz ist. Die Instrumente werden ein- und abgestimmt und auf einmal geht schon richtig die Post ab!!! Jens schnappt sich das Sax und wir kriegen unter anderem eine "Übungsversion" von "Just the two of us" geboten, die hat es schon dermaßen in sich, dass das noch nicht so zahlreiche Publikum begeistert applaudiert. Ich bin schon jetzt sehr angetan, die Nummer ist einfach riesig gut. Ole läßt schon mal ordentlich die Riffs krachen, Werner den Baß wummern, die Bassdrum setzt exakt den Punkt und Danny nimmt das Telekomthema auf, nachdem ein Handy so geklingelt hat. Es ist jetzt schon offensichtlich, dass die Jungs sehr viel Spaß haben. Lockere unkomplizierte Atmosphäre, so nach und nach füllt sich das Lindbergh.

 Das Plakat verspricht den Beginn für acht Uhr doch wir müssen uns noch 11/2 Stunden gedulden, bis es endlich losgeht. Und wie es losgeht!!!! Nix langsam einspielen, mal sehen wie es läuft...... vom ersten Moment an volle Lotte ab geht die Post. Und das bleibt so - keine Verschnaufpause, obwohl es natürlich auch ruhigere Nummern gibt. Ich kenne die Titel der CD noch nicht komplett, natürlich "Julie" und natürlich "Hurricane", was mir besonders gut gefällt. Aber die CD Version ist kein Maßstab für die Liveperformance!!! Da klingt das alles viel fetter, satter, griffiger, dichter, einfach unglaublich gut. Da hält es mich schon lange nicht mehr auf dem Stuhl. Werner, Ole und Jens jammen was das Zeug hält, überhaupt passt Oles Art die Gitarre zu spielen zu seiner Frisur: Wie Finger in der Steckdose! Das Publikum ist ziemlich schnell im Sack. Natürlich ist die Atomsphäre etwas lower im Vergleich zu einer Halle oder Musikkneipe, schließlich sitzt man an Tischen und hat gepflegte Getränke vor sich. Der Service ist übrigens tadellos, schnell, unaufdringlich und angenehm. Clubfeeling mit Lizenz zum Abrocken.

 Und dafür kriegen wir auch jede Menge Gelegenheiten geboten! Sogar mit Tuchfühlung, wenn sich Jens sein Sax schnappt und sich tief im Knie einen Weg durch das Publikum sucht. Seine Art von stagediving!!! Da fühlt er sich so richtig wohl, das ist Power hoch zehn. Aber natürlich nicht nur am Saxophon. Ob an der Akkustikgitarre, der E-Gitarre Typ Leopardefell, Klarinette oder Harp - Jens spielt alles mit soviel Herzblut, dass es eine Freude ist. Außerdem hat Jens eine tolle Stimme. Schwer zu sagen, was mir am besten gefällt, Sax und Klarinette sicher mit Vorsprung, diese beiden hocherotischen Intrumente bringen so wie Jens sie spielt ein ganz spezielles Feeling in die Musik und das passt einfach unglaublich gut dahin. Die Band ist perfekt aufeinander eingestimmt, jeder kriegt mal seinen Part und zusammen wird gejammt, das es nur so eine Freude ist. Das ist ehrliche handgemachte Musik ohne viel Schnickschnack. Live im allerbesten Sinne. Der Hurricane ist genau eben das, für "Just the two of us" wird noch ne Schippe draufgelegt, "Life" und "I will follow" werden zelebriert, das Publikum klatscht und singt begeistert mit. Der Funke ist endgültig übergesprungen. Zur Zugabe wird uns das "Breakfast at Tiffanys" serviert - ein köstlicher geschmacklicher Hochgenuß!!! Wieder ein (vorläufiges) Ende, tiefe Verbeugung und ein ehrliches herzliches Danke an uns, doch, wir sind nicht einverstanden damit und fordern lautstark mehr, mehr, mehr.... Und tatsächlich, Jens und seine Jungs kommen nochmal auf die Bühne und haben eine faustdicke Überraschung parat: nie vorher zusammen gespielt, aber weil den Song wirklich jeder - auch im Publikum - kennt, klappt das bestens: "Heart of Gold" - was könnte besser passen als Abschluss. Das breiteste Grinsen, strahlende Gesichter, es hat der Band offensichtlich genauso viel Spaß gemacht wie mir. Jens' anfängliche Nervosität war sowieso schnell verflogen und jetzt am Ende denke ich, das es gar keinen Grund dafür gibt. Aber doch, so ein bisschen Lampenfieber gehört irgendwie dazu, bei so einem Joe Cool-Feeling  würde was fehlen.....

 Nach der Show müssen die Jungs noch ran, die Anlage und Instrumente müssen abgebaut und im Bus verstaut werden. Die Reise geht noch nach Lissendorf, wo morgen der nächste Gig ist. Wenn die Band dort auch so eine Nummer abzieht und das Publikum nicht aus Holz gebacken ist, bin ich sicher, wird die Eifel wackeln!!! Wir haben noch die Gelegenheit zu einem kleinen Plausch zwischen Tür und Angel bis wir auch Calypso starten und über die Autobahn nach Hause schweben.

 Am Dienstag habe ich nochmal das Vergnügen Jens und die Band in Frankfurt im Sinkkasten zu sehen. Prima, dass ich mich da jetzt schon ganz anders drauf freuen kann. Der Gig wird mit Sicherheit ganz anders sein, andere Lokation und ein anderes Publikum, das erobert werden will, die Setliste wird vielleicht umgestellt und vielleicht gibt es wieder eine Überraschung à la Heart of Gold. Ich bin sehr gespannt und lasse mich jederzeit gern wieder neu überraschen....

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